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Untersuchung von Internetkommentaren - dringende Probleme

Untersuchung von Internetkommentaren - dringende Probleme

13 Feb 2017, 14:56

Guten Tag :-)

Ich schreibe gerade meine Masterarbeit und habe das Problem, dass meine Gutachterin krank geworden ist, seit einem Monat nicht auf Mails antwortet und auch sonst niemand an meiner Uni auf meine Nachfragen reagiert :-/ Deshalb dachte ich, ich wende mich mal ans Forum. Was ich suche ist eine Einschätzung, ob mein Vorgehen soweit richtig ist. Ich habe bisher kaum Erfahrungen mit der qualitativen Forschung und würde mich daher gern ein wenig absichern.

Also, zum Wesentlichen. In meiner Masterarbeit möchte ich Kommentare in den sozialen Medien untersuchen - vor allem die Kommentarspalten von Blogs und Zeitungen, aber auch Foreninhalte. Meine Forschungsfrage lautet: "Zeichnen sich in den sozialen Medien rassistische Tendenzen ab?"

Ich würde jetzt wie folgt vorgehen:

- Als Methode erscheint mir die strukturierende Inhaltsanalyse nach Mayring am besten, da sie sehr aktuell und "sicher", also für eine qualitative Methode recht gut überprüfbar und nachvollziehbar ist. Darauf würde ich mich also festlegen

- Dann würde ich meine Stichprobe ziehen. Damit die Datenmenge nicht zu riesig wird, würde ich gern als Zugang zu den sozialen Medien Twitter wählen. Ich würde mir die jeweils 10 Top-Tweets zu mehreren Stichworten/Hashtags herausfiltern, sofern diese Links enthalten, und dann die Beiträge in den Kommentarspalten der jeweiligen Artikel/Diskussionen extrahieren

- Die gewonnene Textmenge würde ich insofern bereinigen, dass ich Emojis durch Platzhalter ersetze wie z.B. (lachender Smiley) oder (zwinkernder Smiley)

- Dann müsste ich laut Mayring meine Kategorien festlegen, und hier beginnt das eigentliche Problem, denn ich finde einfach keine guten Beispiele. Wenn ich das Ganze nun inhaltlich untersuchen will (Mayring unterscheidet ja in formal, inhaltlich, skalierend usw.), wären dann gültige Kategorien bspw. die folgenden: neutrale Äußerungen, sachliche rassistische Äußerungen, unsachliche rassistische Äußerungen, beleidigende rassistsiche Äußerungen, antirassistische Äußerungen, Sonstige?

- Anschließend müsste ich ja die Codiereinheit, Kontexteinheit und Auswertungseinheit festlegen. Auch hier stehe ich ein wenig auf dem Schlauch. Muss ich das für sämtliche Kategorien machen? Also bspw. für unsachliche rassistische Äußerungen: Codiereinheit 1 Wort, z.B. "Herrenrasse", Kontexteinheit 1 Satz, z.B. "Weiße sind den Farbigen überlegen", Auswertungseinheit "Jeder Kommentar wird einzeln untersucht"? [Sorry für die fiesen Beispiele!]

- Dann müsste ich, so wie ich das verstehe, den Codierungsleitfaden festlegen, in dem ich die Regeln bestimme. So z.B.: "Ein Kommentar fällt in die Kategorie unsachliche rass. Äußerung, wenn er keine direkte Beleidigung enthält und in die Kategorie beleidigende rassistische Äußerung, wenn Kraftausdrücke verwendet werden." Ist das richtig?

- Dann würde ich die Kommentare untersuchen, hierfür muss ich mich noch in MAXQDA einarbeiten, meine Uni hat keine Lizenz, daher hab ich noch nie damit gearbeitet 8)

- Und dann käme die inhaltliche Interpretation. Muss ich hier zwingend paraphrasieren? Oder kann ich jetzt einfach Feststellungen treffen wie "Beleidigende Äußerungen häufen sich auf Seiten wie ..."?

Sorry, dass ich so viele Fragen stelle! Ich hoffe, irgendjemand hat hier Erfahrung mit dem Thema und kann mir helfen. Bin für jeden Tipp dankbar :-)

Liebe Grüße!

Version: MAXQDA 12
System: Windows 10
Sarah777
 
Beiträge: 1
Registriert: 10 Feb 2017, 14:25

Re: Untersuchung von Internetkommentaren - dringende Problem

14 Feb 2017, 22:49

Hallo Sarah777,

das sind ja eine Menge Fragen auf einen Schlag - übrigens die typischen Fragen, die sich aufdrängen, wenn man erstmals mit der Inhaltsanalyse beschäftigt. Ich kann ein paar Hinweise an dieser Stelle geben:
[list:v0bd5plu]
[*:v0bd5plu]Haben Sie schon einmal daran gedacht, die Forschungsfrage zu konkretisieren? Die erscheint mir sehr weit gefasst.[/*:m:v0bd5plu]
[*:v0bd5plu]Wie genau sollen die "10 Top-Tweets zu mehreren Stichworten/Hashtags" herausgefiltert werden?[/*:m:v0bd5plu]
[*:v0bd5plu]Wie wollen Sie "rassistisch" operationalisieren? Dies müsste in den Kategoriennamen und deren Definition zum Ausdruck kommen.[/*:m:v0bd5plu]
[*:v0bd5plu]In der Praxis werden häufig zunächst Kategorien deduktiv generiert und dann am Material weiterentwickelt und verfeinert (sehr gute Beispiele in Kuckartz und Schreier, siehe unten). In Ihrem Anwendungsfall wäre es sicherlich möglich, zunächst einige deduktive Kategorien zu entwickeln, wenn die Forschungsfrage klarer ist und das Literatur-Review abgeschlossen ist.[/*:m:v0bd5plu][/list:u:v0bd5plu]
Ansonsten kann ich mir vorstellen, dass es helfen würde, die folgenden Bücher zur Inhaltsanalyse ergänzend einmal durchzugehen, weil sie viele praktische Hinweise enthalten, das von Udo Kuckartz auch zu MAXQDA. Es wird dann schnell deutlich, dass es verschiedene Formen der qual. Inhaltsanalyse gibt, deren Hauptkern die inhaltlich-strukturierende Form ist (siehe die schöne Übersichtspräsentation von Margrit Schreier hier: http://caqd.org/archiv/images/stories/c ... 13_QCA.pdf).

1. Gläser, Jochen & Laudel, Grit (2010). Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse. 4. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
2. Kuckartz, Udo (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 3. Aufl., Weinheim: Beltz Juventa
3. Schreier, Margrit (2012). Qualitative Content Analysis in Practice. London u.a.: Sage

Ich gebe auf der MQIC-Tagung (conference.maxqda.de) einen Workshop zur Qualitativen Inhaltsanalyse, aber der ist bereits voll. Vielleicht finden Sie noch an anderer Stelle einen Workshop? Denn die Fragen nur im Forum zu beantworten, ist sicherlich kaum möglich.

Viel Erfolg für die Masterarbeit wünscht
Stefan Rädiker
Dr. Stefan Rädiker
Beratung, Training, Analyse für Forschung & Evaluation
MAXQDA Professional Trainer
https://www.methoden-expertise.de
Stefan Rädiker
 
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